London Calling
BVB im Finale der Champions League: Ein Sieg für den Fußball - Kommentar
- Veröffentlicht: 08.05.2024
- 16:10 Uhr
- Martin Volkmar
Borussia Dortmunds Einzug ins Champions-League-Finale ist angesichts der finanziellen Übermacht von Europas Geldadel und der schweren Hypothek vor der Saison ein kleines Märchen. Ein Kommentar.
Aus Paris berichtet Martin Volkmar
Ja, auch Borussia Dortmund ist ein streng marktwirtschaftlich organisiertes Unternehmen.
Das wird gerne vergessen, wenn man nur der öffentlichkeitswirksam verbreiteten Folklore über den 1909 gegründeten Traditionsverein vom Borsigplatz und dem PR-Slogan "Echte Liebe" Glauben schenkt.
Und trotzdem ist der BVB im Konzert der ganz Großen wirtschaftlich nur ein relativ kleines Licht.
Weil er sich dank der Einflussnahme der Mitglieder und auch dank des eigenen Anspruchs nicht wie andere Klubs an Getränkehersteller, Multimillionäre oder Scheichtümer verkauft hat.
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BVB in der Champions League nur Außenseiter
Aus diesem Grund waren die Dortmunder in der Champions League angesichts der Unsummen, die die schwerreichen Geldgeber in die Teams der Premier League oder gerade auch den Halbfinalgegner Paris St. Germain gepumpt haben, nur Außenseiter.
Deshalb muss man nicht gleich von einem Fußballmärchen sprechen, doch der Einzug ins große Finale der Königsklasse am 1. Juni in Wembley ist aus mehreren Gründen schon eine kleine Sensation.
Zum einen, weil die Schwarz-Gelben das Endspiel völlig verdient erreicht haben, da sie sich zunächst als Sieger einer "Todesgruppe" mit PSG, Newcastle und Milan durchsetzten und dann in den K.o.-Spielen nach Eindhoven auch das favorisierte Atletico Madrid (1:2, 4:2) und nochmal die hochbezahlte Pariser Startruppe (zweimal 1:0) hinter sich ließen.
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BVB und das Aluminium: Immer Glück ist Können
Natürlich hatten die Dortmunder in beiden Begegnungen das Glück des Tüchtigen, gleich sechs gegnerische Aluminiumtreffer sprechen für sich.
Aber selbst wenn Kylian Mbappe und Co. am Dienstagabend mit dem Heimvorteil im Rücken eine dieser Großchancen genutzt hätten, hätten ihnen immer noch zwei Tore zum Weiterkommen gefehlt.
Zumal in den Geschichtsbüchern später niemand mehr nachlesen wird, wie genau der mögliche Champions-League-Triumph zustande kam.
Da reicht ein Blick zurück auf die BVB-Helden, die 1997 den Henkelpott gewannen und dabei in einigen Begegnungen auch den Fußballgott auf ihrer Seite hatten.
Kehl: "In der Kabine war die Hölle los"
Heute fragt keiner mehr danach, zumal in solchen Fällen der Spruch von Hermann Gerland Gültigkeit hat: "Immer Glück ist Können".
BVB: Saison nach verpasster Meisterschaft unter keinem guten Stern
Der Erfolgszug der Borussen gegen Europas Geldadel ist aber auch deshalb so bemerkenswert, weil die Saison unter keinem guten Stern zu stehen schien.
Denn die im Vorjahr fahrlässig am letzten Spieltag gegen Mainz verspielte Meisterschaft hing den Dortmundern monatelang sichtbar in den Kleidern, entsprechend schwach waren die Leistungen über weite Strecken in der Bundesliga.
Und entsprechend groß waren Kritik und Unruhe nach der schlechtesten Spielzeit seit neun Jahren, vor allem am phasenweise wackelnden Trainer Edin Terzic und an einigen schwächelnden Leistungsträgern.
BVB zeigt in der Champions League ein ganz anderes Gesicht
In der Champions League aber zeigte die Mannschaft ein ganz anderes Gesicht, agierte mutig, entschlossen, leidenschaftlich und sowohl kämpferisch als auch spielerisch und taktisch überzeugend.
Dass am Ende ein Traditionsverein mit hunderttausenden von leidenschaftlichen Anhängern ins Finale eingezogen ist anstelle von Plastikklubs, Renditeobjekten und Millionengräbern, für die PSG symbolisch steht, ist ein Sieg für den Fußball.